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Dr. med. Thorsten Muthorst

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Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern

Genau genommen handelt es sich beim Vorhofflimmern auch um eine bestimmte Art der Herzrhythmusstörungen. Rhythmusstörungen sind bei fast jedem zu beobachten. Normalerweise sorgt der Sinusknoten im Vorhof für die „elektrische Zündung“, die dann über das Reizleitungssystem des Vorhofes über den Frequenzfilter, den AV-knoten, zu den Herzmuskelzellen geleitet wird. Der Sinusknoten kann als ein körpereigener Schrittmacher bezeichnet werden, welcher den vegetativen Einflüssen des Sympathikus und Parasympathikus unterliegt. Der Sympathikus ist der Kampf- und Fluchtnerv, der die Herzfrequenz beschleunigt. Der Parasympathikus ist der Entspannungsnerv, welcher den Herzschlag erniedrigt, zum Beispiel beim schlafen. Daraus wird schon ersichtlich, wie Stress und Aufregung unseren Herzschlag beeinflussen kann. Grundsätzlich kann jede Herzmuskelzelle auch als Leiter für die Erregung fungieren. Das macht das Herz weniger anfällig bei Blockierungen des Reizleitungssystem.

 

Manchmal sind junge Leute über das empfundene „Herzstolpern“ beunruhigt. Diese Rhythmusstörungen sind meist ungefährlich und können durch Stress, Übermüdung oder Erschöpfung des vegetativen Nervensystems ausgelöst sein. Es gibt auch seltene gefährliche Rhythmusstörungen bei jungen Leuten wie das WPW-Syndrom (Wolff-Parkinson-White-Syndrom), aber das ist selten. Dabei handelt es sich um zusätzlich angelegte Leitungsbahnen zwischen Herzkammern und Vorhof. Das führt zu einer bedrohlichen kreisenden elektrischen Erregung.

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Rhythmusstörungen die im Bereich des Vorhofes entstehen und denen die in der Herzkammer ihren Ursprung haben. Wenn die Form der im EKG dargestellten Herzerregung aussieht wie die normale Erregung, handelt es sich um Rhythmusstörungen aus dem Vorhofbereich, da diese nach Passage des AV-Knotens das normale Reizleitungssystem nutzen und dadurch nicht verfälscht werden. Erscheinen die Komplexe breiter, so ist die Entstehung der Rhythmusstörung in der Herzkammer, weil die Erregungsausbreitung andere Wege nimmt. Der Strom ist dadurch länger unterwegs und die Herzaktion erscheint durch die Zeitachse des EKG´s als breiter. Einzelne Fehlschläge aus der Herzkammer (ventrikuläre Extrasystolen) sind nicht bedrohlich. Wenn sie sich jedoch wie eine Maschinengewehrsalve häufen, steigt das Risiko. Besonders bedenklich ist, wenn diese Salven in der Frequenz schneller werden, d. h. wenn sich die Abstände zwischen den Extrasystolen verkürzen, da dies in Kammerflattern und Kammerflimmern übergehen kann, was schließlich zum Herzstillstand führt. Bedenklich ist auch, wenn die Rhythmusstörungen unter Belastung zunehmen, zum Beispiel beim Belastungs-EKG. Sie werden dann auch meistens vom Betroffenen nicht bemerkt. Dem kann eine koronare Herzkrankheit oder die Dilatative Cardiomyopathie zugrunde liegen, bei der die Rhythmusstörungen durch Überlastung oder Sauerstoffmangel ausgelöst werden.

Rhythmusstörungen aus dem Vorhofbereich sind generell weniger bedenklich, da selbst bei Vorhofflimmern kein Kammerflimmern entsteht. Das Vorhofflimmern entsteht dadurch, dass im Vorhofbereich mit hoher Frequenz elektrische Impulse entstehen, die an die Herzkammer weitergeleitet werden. Der normalerweise für die Erregungsbildung zuständige Sinusknoten hat dann keine Bedeutung mehr. Erfreulicherweise gibt es ja den AV-Knoten, der die vorgegebene Frequenz des Vorhofflimmerns (350-600 pro Sekunde) nicht eins zu eins weiterleitet. Er hält die meisten   Vorhoferregungen zurück, sodass nur ab und an ein Impuls an die Herzkammer weitergeleitet wird. es kommt dadurch zu einer vollkommenen irregulären Herzfrequenz. Die Frequenz kann deshalb von Schlagzeugschlag zwischen 40 und 120/ Min schwanken. Hätten wir den AV-Knoten nicht, würde die eins zu eins Überleitung schnell zu einem Herzstillstand führen. Auch beim Vorhofflimmern ist die Frequenz nicht immer im optimalen Bereich. Manchmal kommt es zu Bradycardien (zu langsame Frequenz unter 50 pro Minute) und manchmal zur Thachyarrhythmia absoluta mit einer zu schnellen Frequenz bis zu 170 pro Minute. Hier muss medikamentös eingegriffen werden. Im Falle der Niedrigfrequenz ist häufig nur die Implantation eines Schrittmachers möglich.

 

Bei neu aufgetretenen Vorhofflimmern wird häufig die elektrische Cardioversion empfohlen. Dabei wird im Kurznarkose ein kräftiger Stromschlag durch das Herz gegeben, welcher den alten Sinusrhythmus wiederherstellt. Für mich ist die Methode nicht besonders überzeugend, da das Vorhofflimmern häufig wieder auftritt. Das ist ja auch nicht verwunderlich, denn wenn sich einmal das Vorhofflimmern den Weg gebrahnt hat, dann wird es das auch wieder tun. In den letzten Jahren wendet man auch häufiger die Herzkatheter-Ablation an. Hier versucht man mit einem Katheter die Stelle im Vorhof zu finden, die für die Auslösung des Vorhofflimmerns maßgeblich ist. Dann wird diese Stelle elektrisch verödet. Der Erfolg steht und fällt wohl mit der Erfahrung des Kardiologen. Bei vielen Patienten war auch dieser Eingriff erfolglos. Auch wenn das Vorhofflimmern selbst nicht so gefährlich ist, birgt es doch gewisse Risiken. Der Sinusrhythmus sorgt auch für eine Erregung des Vorhofbereiches. Dadurch zieht sich der Vorhof etwas zusammen und unterstützt den Einfluss des Blutes in die linke Herzkammer. Wenn Vorhofflimmern auftritt, geht das Herzminutenvolumen um ca. 20 % zurück. Das ist an sich nicht problematisch, es sei denn es tritt bei einer deutlichen Herzschwäche wie zum Beispiel der Dilatativen Cardiomyopathie auf. Dann kann der Blutdruckabfall für den Patienten bedenklich werden.

 

Es besteht jedoch noch ein anderes häufigeres Problem. Dadurch dass sich der Vorhof beim Vorhofflimmern nicht mehr zusammenzieht, können sich in dem schlaffen Vorhof Gerinnsel bilden, da das Blut nicht mehr regulär durch den Vorhof fließt, sondern in ihm herumwabert. Deshalb sollten bei Vorhofflimmern Gerinnungshemmer eingenommen werden wie Marcumar oder die neuen NOAKs. Das wiederum erhöht die Blutungsgefahr und ich bin kein Freund der sturen Umsetzung der Leitlinien. Zwei Umstände sprechen aus meiner Sicht gegen die Verordnung der Gerinnungshemmer. Erstens bei Anämie (Blutarmut). Ich habe die vom Krankenhaus verordneten Gerinnungshemmer bei einem Patienten nach Bypassoperation sofort abgesetzt, weil der Patient nur noch ein Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) von 8 mg% hatte (untere Normgrenze 13 mg%). Eine einzige Komplikation, zum Beispiel durch ein blutendes Magengeschwür oder ein Unfall wäre dann sofort lebensbedrohlich. Zweitens sollte man meiner Meinung nach Ausnahmen machen, wenn das Vorhofflimmern nur zeitweise auftritt. Es gibt immer wieder Patienten, die anfallsartig unter Vorhofflimmern leiden. Das Flimmern hört dann auch von alleine wieder auf. Nicht immer bemerken die Patienten die Rhythmusstörungen. Das ist natürlich gefährlich, wenn sie beim Auftritt der Rhythmusstörungen keinen Blutverdünner einnehmen. Aber die neuen Smartwatches, also die Armbanduhren mit allen möglichen Funktionen, inklusive EKG, ermöglichen das Erkennen des Vorhofflimmerns. Im Jahr 2019 wurde ich erstmals von einem Patienten angerufen, der auf diese Weise das eigene Vorhofflimmern festgestellt hatte. Ich war noch etwas skeptisch. Nach einem Blick auf das EKG konnte ich die Rhythmusstörung bestätigen. Früher benötigte man zur Feststellung dieser Rhythmusstörung ein Eventrecorder. Den mussten sich die Patienten wie ein Langzeit-EKG umhängen und wenn sie etwas spürten auf einen Knopf drücken. Dann wurde die Rhythmusstörung aufgezeichnet. Auf der größten Medizinmesse, der „Medica“ fragte ich noch nach so einem Eventrecorder. Der Vertreter sagte mir, dass alle Firmen die Entwicklung eingestellt hätten, da die Smartwatches die Geräte abgelöst hätten. Die Firma Apple hat für die Entwicklung 1500 Mitarbeiter beschäftigt. Das kann sich kein Medizingerätehersteller leisten.

 

Die Smartwatches machen in meinen Augen für die Patienten mit intermittierenden Vorhofflimmern eine bessere Therapie möglich. Ich rate Ihnen, die neuen Gerinnungshemmer (Noaks) einzunehmen, solange das Vorhofflimmern auftritt. Dass der Wirkungseintritt der Gerinnungshemmer wenige Stunden dauert, ist kein Problem. Unter Kardiologen war man sich früher bereits einig, dass die Gerinnselbildung, sofern sie überhaupt erfolgt, mindestens drei Tage benötigt. Dann kommt es auf 2 bis 3 Stunden bis zum Wirkungseintritt nicht an.

Eine andere Möglichkeit, der Gerinnselbildung vorzubeugen, ist der Verschluss des linken Herzohres. Dies ist ein Areal im linken Vorhof, in dem die Gerinnselbildung besonders begünstigt wird. Mit einem Katheter kann das linke Herzohr verschlossen und verplompt werden. Die Blutgerinnsel sind eben gefürchtet, da sie Gefäßverschlüsse verursachen. Das kann im Prinzip in jedem Organ sein. Sehr oft werden sie in den Kopf geleitet und führen zu Schlaganfällen.

Eine Sonderform der Vorhof-Rhythmusstörungen ist das Vorhofflattern. Hier geben sich vor Frequenzen zwischen 220 und 350 pro Minute. In aller Regel funktioniert hier auch der AV-Knoten gut und lässt zum Beispiel nur jeden dritten Impuls in die Herzkammer passieren. Es besteht jedoch die Gefahr dass beim Versagen des AV-Knotens jeder Schlag übergeleitet wird, was zum Kammerflattern und Kammerflimmern mit Herzstillstand führen kann.

Es kann auch vorkommen, dass der Sinusknoten ganz ausfällt. Dann ist der AV-Knoten wieder der Rettungsanker, welcher selbst die Schrittmacherfunktion übernimmt. Allerdings sendet er nur eine Herzfrequenz mit 40 pro Minute aus. Dabei fühlen sich die Patienten nicht wohl, aber sie überleben. Alle Ursachen, die zu einer zu niedrigen Herzfrequenz führen, erfordern die Implantation eines Schrittmachers, es sei denn die niedrige Frequenz wurde durch Medikamente wie zum Beispiel Betablocker ausgelöst, die man ja absetzen kann.

Es gibt ganze Bücher über die Vielzahl von Rhythmusstörungen. Ich konnte die wichtigsten an dieser Stelle beschreiben. Generell können einige Medikamente zur Therapie von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Davon war ich noch nie ein Freund. Denn zunächst sollte man herausfinden, warum das Herz mit Rhythmusstörungen reagiert. Es ist deshalb wichtig, das Herz ganzheitlich zu therapieren und nicht einfach eine EKG Kosmetik durchzuführen. Die Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen sind entweder negativ inotrop (schwächen die Pumpleistung) oder haben gravierende Nebenwirkungen, z.B. auf die Augenhornhaut oder Schilddrüse.  Eine umfassende Untersuchung des Herzens ist die Basis für eine ganzheitliche Therapie desselben mithilfe allopathischer und naturheilkundliche Medikamente sowie zellspezifischer Therapie.

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